Auf der Reeperbahn mittags halb zwei

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Es war das erste Heimspiel des Jahres – aber für viele Nordkurvler war es ein gefühltes Auswärtsmatch. Sie fanden sich einfach nicht zurecht. Der AfM-Container? Steht neuerdings auf dem Südkurvenvorplatz. Der Nordcontainer? Unerreichbar hinter einem Bauzaun. Der Eingangsbereich zur Nordkurve? Ein Provisorium.

Für Nord-Support hieß das zu improvisieren. Schals, T-Shirts, Aufkleber und Buttons wurden kurzerhand aus einem Transporter an den Mann oder die Frau gebracht. Eine weitere Gruppe von Fans aus der Nordkurve machte sich unterdessen auf, den Süden zu rocken. Die Nordvernetzung, der Zusammenschluss verschiedener Fanclubs in der Nord, hatte den Ausschank von Bier und weiteren Kaltgetränken am AfM-Containern übernommen. Bei Temperaturen gut unter dem Gefrierpunkt marketingtechnisch eine anspruchsvolle Aufgabe. Die meistgestellte Frage in der ersten Verkaufsstunde lautete dann auch: „Wie? Gibt es hier keinen Glühwein?“.

Dafür, dass die Stimmung trotzdem auf einem guten Level blieb, sorgten ausgerechnet die Auswärtsfans. „Auf der Reeperbahn mittags halb zwei“ stand auf ihrem mit leisem Sarkasmus extra für diese Auswärtsfahrt gestalteten Fanschals. Nach und nach trudelte auch die Stammkundschaft im Container ein und sorgte für einen auskömmlichen Getränkedurchsatz.

Weniger profan ging es im Stadion zu. Wie einige andere Fangruppen zeigte Nord-Support auf Transparenten Flagge gegen den unverhältnismäßigen Polizeieinsatz beim Schweinske-Cup und die anschließende Augenwischerei in den Medien.

Dann endlich Fußball: Anders als in der Vorwoche in Aachen zeigte der magische FC ein gutes Spiel gegen die defensiv gut eingestellten Bochumer, die durch einen Sonntagsschuss in Führung gingen. Der FC St. Pauli dreht die Partie durch zwei Tore von Schachten nach Standardsituationen.

Der Support litt mehr als nur ein bisschen durch die Kälte, phasenweise war das Zähneklappern lauter als die Fankurve. Auf der Reeperbahn mittags halb zwei ist ja auch nicht so viel los. Einen emotionalen Moment brachte die Halbzeit, als Aufstiegsheld Felgen-Ralle Gunesch ein wenig unvermittelt verabschiedet wurde. Hätte man das vorher gewusst, wäre noch die eine oder andere Danke-Tapete rübergewachsen. So bleib es bei einem leidenschaftlichen „You never walk alone“, für Ralle, der gerade in der Nordkurve viele Freunde hatte.

Der Sieg gegen Bochum befeuerte die Stimmung für die dritte Halbzeit, die wieder in und um den AfM-Container stattfand. Für den eigenen Bierkistenrekord aus der Hochsommerpartie gegen Aachen reichte es natürlich nicht – aber die Stimmung war wieder super. Allen Leuten aus der Nordvernetzung, die beim Containerdienst dabei waren, ein herzliches Dankeschön: Hat Spaß gemacht mit Euch!